„Wir sitzen alle in einem Boot!“ – Wenn jemand sich dieses Bildes bedient, geschieht das oft in der Absicht, ein Gefühl der Gemeinschaft zu erzeugen, durch das kleine Unterschiede leichter unter den Teppich gekehrt werden können. Nicht umsonst hat der immer wieder gern zitierte Klassiker vorübergehend den Zusatz erhalten: „Nur die einen lenken und die anderen rudern.“

Doch auch das stimmt nicht so ganz, denn gerade am Ruder sitzend lässt sich die Richtung ja bestimmen. Zudem fänden wir allesamt wohl kaum genügend Platz darin, eins aber ist wahr: Wer drinnen sitzt, kann nicht so leicht heraus. Viele Sprüche sind als eine Art Modeerscheinung zu betrachten, sie tauchen mit dem neuesten Trend auf, kennzeichnen ihn treffend und halten sich so lange, bis man sie nicht mehr hören kann. Dann werden sie höchstens noch als Provokation genutzt, um jemanden, der sich dadurch herausgefordert fühlt, aus seiner Deckung zu locken. Es kann auch ein dezenter Hinweis darauf sein, wie man sein Gegenüber einschätzt.

Vieles hat seine Zeit, einiges währt ewiglich

„Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Damals waren wir offenbar noch zuversichtlicher als heute, wo man nicht mehr in die Schlacht ziehen muss, um ins Getümmel zu geraten. Manches ändert sich eben mit der Zeit, anderes bleibt erhalten. Der Volksmund steckt voller Redewendungen, die tiefe Wahrheiten einfach auf den Punkt bringen und praktikable Antworten für aufgetauchte Probleme bereithalten. Dennoch können sie auch verändert werden und von ihrer ursprünglichen Bedeutung abweichen.

Sprüche einen ebenso, wie sie auch entzweien können. Sie reduzieren Komplexes auf das Eigentliche, wobei es notwendigerweise zu einer Verzerrung kommen muss. Die Richtung stimmt jedoch, man kann sich emotional mit Inhalten identifizieren. Das reicht als Ausgangsbasis der Verständigung oftmals vollkommen aus und hilft dabei, die Spreu vom Weizen zu trennen, indem sich Lager bilden. Sprüche müssen vereinfachen, damit man sie sich besser merken kann. Sie fördern das Erinnern an ähnliche Situationen, die der Orientierung dienen. Manches kehrt nach Jahrzehnten erst zurück und verdeutlicht so den überdauernden Gehalt der Botschaft.

Im Unscheinbaren steckt oft Verblüffendes

Was unterscheidet den Sprüche-Klopfer von einem weisen Mann, der nicht viele Worte macht? Im Grund nichts; man kann aus allem, was sich einprägt, seine Schlüsse ziehen. Dumm ist es nur, wenn der Hinweis darauf an der falschen Stelle erfolgt oder in unbegründeter Häufung vorkommt. Dann wäre es wohl an demjenigen, der so auffallend in Erscheinung tritt, darüber nachzudenken. Den Anstoß dazu liefert die passende Retourkutsche.

Der Vorrat ist schier unerschöpflich. Gib Dich nicht gleich geschlagen, wenn jemand daherkommt, als hätte er die Weisheit mit Löffeln gefressen. Bleibe im Lande und wehre Dich täglich. Wer vom Baum der Erkenntnis naschen möchte, darf nicht vergessen, dass es Ungemach bereiten kann, ihn zu erklimmen. Davon abgesehen bleibt mitunter alles anders und es nützt nur bedingt, meilenweit zu gehen, wenn man am Zug ist, dazu jedoch nicht kommt.

Reiß Dich lieber am Riemen. Denn alle Tage geht die Sonne auf, auch wenn man es nicht deutlich sieht, manchmal sogar mehrfach, sodass man getrost in ihren Untergang reiten kann.